Als Napoleons Truppen vor 200 Jahren durch die Region zogen
... von Giesela Schladerbusch
In der "Kreiszeitung Syke" erscheinen seit Ostern 2012 im "Sonntagstipp" unter
der Rubrik "Damals & heute" Artikel mit dem Titel"Als Napoleons Truppen vor
200 Jahren durch die Region zogen",die der Redakteur Herr Heinrich Kracke
nach verschiedenen Quellen u.a."Die Tagebuchaufzeichnungen des Bassumer
Stammvaters Wilhelm Nöldeke (1772-1850)- Bassum zurzeit der Französischen
Gewaltherrschaft", ausgearbeitet hat.
Gisela Schladerbusch hat diese "Tagebuchaufzeichnungen" einem guten Bekannten, Herrn Reinhard Hollborn aus Stuhr bei Bremen gesendet, der auf die Idee kam, dass diese Aufzeichnungen doch wert wären in die Zeitung gesetzt zu werden, da es sich genau um diese Region handelt und die Ereignisse genau vor 200 Jahren stattfanden. Herr Kracke war sehr angetan von den so anschaulich geschilderten Zuständen in der damaligen Zeit.Er hat dann in Archiven nach weiteren Quellen geforscht und diese hinzugezogen.Auch hat er die Artikel mit alten und neuen Fotos anschaulich dargestellt. Herr Hollborn hat sie gescannt und Gisela gesendet und Jan Karow hat sie so bearbeitet, dass sie auf die Homepage gestellt werden können."
Das erste kriegerische Ereignis, das er durch Hörensagen miterlebte, war die Konvention von Sulingen, die im Hause seines Onkels, des Sulinger Superintenden Georg Friedrich Lodemann, im Jahr 1803 unterzeichnet wurde, und in deren Folge die Hannoverschen Truppen ihre Waffen streckten. Pastorensohn Barkhausen also war ganz nah dran am Geschehen. "Sulingen ist ja nur vier Stunden von Baßum entfernt. Ich erinnere mich, wie schon mehrere Wochen zuvor alles Silberzeug unserer Verwandten von Sulingen zu den Großeltern nach Baßum gebracht wurde, weil man in Sulingen Plünderung befürchtete. Sulingen liegt an der Heerstraße, auf der die Franzosen durch das Hannoversche Land bis zur Hauptstadt vorrückten. Die Furcht soll nicht ohne Grund bestanden haben."
Barkhausens Onkel, ein "feiner Hofmann, früher Pagenhofmeister am Hofe der unglücklichen Königin Mathilde in Celle," der Superintendent also, er dankte den Hannoverschen Einheiten, die sich kampflos ergeben hatten. "Bei der Abreise sagte er zu den Hannoverschen Commißarien beim Einsteigen in den Wagen: "Sie haben uns Mühlsteine vom Herzen gewälzt." Worauf einer der Offiziere sagt: "Und wir haben die Mühlsteine zentnerschwer wieder drauf bekommen."
Das Königreich grenzte mit seinen Ausläufern an Bremen, doch nicht alles gehörte auch wirklich zu Hannover. Das damalige Amt Freudenberg mit dem Hauptort Baßum zählte in engen Grenzen zu Heßen; andererseits unterstand das adelige Damenstift, das nur wenige Meter entfernt liegt, bereits Hannoverscher Regentschaft, genauso wie die beiden Pfarreien. Um sich gegen die Invasion der Franzosen zu schützen, ersannen die "heßischen Freudenberger" einen Winkelzug. Deren Amtmann Merkel ließ "Tafeln mit dem heßischen Wappen aufstellen, mit dem Löwen, scherzweise Strebekatze genannt. Darunter stand: Territoire de Heßen Casel.
Und so blieben die heßischen Untertanen zunächst noch unbelästigt, während das Hannoversche Stift auf kurze Zeit von einigen Französischen Husaren besetzt wurde, den ersten, die Barkhausen sah, nicht ohne großes Intereße sah, wie er schreibt. Das Hannoversche Land sei nun bereits durch jeden neuen Gouverneur in gesteigertem Grade ausgesogen worden, notierte er weiter. Den Gouverneur Berthier hatte man daraufhin als das "Bär-Tier" bezeichnet, deßen Nachfolger Mortier schon als "Mord-Tier".
Der Sonderstand des Amtes Freudenberg dauerte indes nicht lange, wie Georg Barkhausen schrieb: "Die Neutralität Heßens im Kriege zwischen Preußen und Frankreich im Jahr 1806 konnte Napoleon nicht täuschen, und jeder Patriot sah voraus, was kommen würde. Die an den Grenzen des Amtes Freudenberg aufgestellten Informationstafeln waren den Franzosen nun das Zeichen, daß sie sich in Feindesland befanden. Und nun begannen Französische Einquartierung, Contributionen und Requisitionen aller Art auch bei uns. Nach dem Frieden von Tilsit wurden wir zum Königreiche Westfalen geschlagen und 1810 zum Département des bouches de Weser mit der Hauptstadt Bremen des koloßalen Französischen Kaiserreichs." Aber er wolle nicht allgemein über die napoleonische Zeit berichten, schreibt Georg Barkhausen, er wolle nur die Einzelheiten notieren, von denen er selbst betroffen war. "Meine Mutter hatte sich vorgenommen, jede Einquartierung, die kommen würde, aufs Beste zu beherbergen und zu bewirten, damit sie ohne männlichen Schutz im Hause keine Unannehmlichkeiten miterleben müßte. Außerdem wollte sie nicht klagen gegenüber den Soldaten und Unteroffizieren, die damals für gewöhnlich bei uns einquartiert wurden."
Allerdings sei den Besatzern nicht alles mundgerecht zu machen gewesen. "So erinnere ich mich, daß in der allerfrühesten Zeit der Durchmärsche unerwartet spät abends im Winter zwei ältere französische Unteroffiziere bei uns einquartiert wurden, denen meine Mutter ein vollständiges Souper vorsetzte. Da aber keine Bouillon so schnell zu beschaffen war, gab es stattdeßen eine Biersuppe vorab. Ich sehe noch diese beiden Menschen hinter ihrem Tisch sitzen und in der Suppe mit ihrem Löffel herumrühren ohne sich entschließen zu können, sie zu probieren. Nach langen Beratungen untereinander wandten sie sich uns mit den Worten zu: "Klare Suppe, klare Suppe!" Sie schoben ihren vollen Teller beiseite. Meine Mutter führte die Ehre ihrer Kochkunst so dadurch beleidigt, daß sie sechs Jahre später während des rußischen Feldzuges noch einmal die Frage aufwarf, ob den Franzosen wohl auch klare Suppe gekocht werden?"
EINST HESSISCH: Das Amt Freudenberg mit der Ortschaft Loge, in der sich eine erste Apotheke entwickelt hatte, und dem Hauptort Bassum. Unter dem neuen Foto: DIE HEUTIGE ANSICHT Loges.
Gisela Schladerbusch hat diese "Tagebuchaufzeichnungen" einem guten Bekannten, Herrn Reinhard Hollborn aus Stuhr bei Bremen gesendet, der auf die Idee kam, dass diese Aufzeichnungen doch wert wären in die Zeitung gesetzt zu werden, da es sich genau um diese Region handelt und die Ereignisse genau vor 200 Jahren stattfanden. Herr Kracke war sehr angetan von den so anschaulich geschilderten Zuständen in der damaligen Zeit.Er hat dann in Archiven nach weiteren Quellen geforscht und diese hinzugezogen.Auch hat er die Artikel mit alten und neuen Fotos anschaulich dargestellt. Herr Hollborn hat sie gescannt und Gisela gesendet und Jan Karow hat sie so bearbeitet, dass sie auf die Homepage gestellt werden können."
Der Winkelzug der Freudenberger - Napoleon 2. Teil - vom 20./21.04.2012
BASSUM (kra). Er war ja erst zwei Jahre alt, als die Menschen den Jahrhundertsprung feierten, als sie das Silvester 1799 begingen und das Jahr 1800 begrüßten. Und er war erst fünf, als Napoleons Truppen ins Königreich Hannover einfielen, aber aus Erzählungen seiner Mutter war er jenen Jahren ganz nah und vermochte sie in seiner Biografie plastisch zu schildern. "Seit dem Beginn des Jahrhunderts sprachen die Menschen von den Franzosen. Namentlich meine Mutter erzählte davon, in ihr waren Haß und Furcht vor ihnen gleich groß," notierte der Baßumer Georg Barkhausen.Das erste kriegerische Ereignis, das er durch Hörensagen miterlebte, war die Konvention von Sulingen, die im Hause seines Onkels, des Sulinger Superintenden Georg Friedrich Lodemann, im Jahr 1803 unterzeichnet wurde, und in deren Folge die Hannoverschen Truppen ihre Waffen streckten. Pastorensohn Barkhausen also war ganz nah dran am Geschehen. "Sulingen ist ja nur vier Stunden von Baßum entfernt. Ich erinnere mich, wie schon mehrere Wochen zuvor alles Silberzeug unserer Verwandten von Sulingen zu den Großeltern nach Baßum gebracht wurde, weil man in Sulingen Plünderung befürchtete. Sulingen liegt an der Heerstraße, auf der die Franzosen durch das Hannoversche Land bis zur Hauptstadt vorrückten. Die Furcht soll nicht ohne Grund bestanden haben."
Barkhausens Onkel, ein "feiner Hofmann, früher Pagenhofmeister am Hofe der unglücklichen Königin Mathilde in Celle," der Superintendent also, er dankte den Hannoverschen Einheiten, die sich kampflos ergeben hatten. "Bei der Abreise sagte er zu den Hannoverschen Commißarien beim Einsteigen in den Wagen: "Sie haben uns Mühlsteine vom Herzen gewälzt." Worauf einer der Offiziere sagt: "Und wir haben die Mühlsteine zentnerschwer wieder drauf bekommen."
Das Königreich grenzte mit seinen Ausläufern an Bremen, doch nicht alles gehörte auch wirklich zu Hannover. Das damalige Amt Freudenberg mit dem Hauptort Baßum zählte in engen Grenzen zu Heßen; andererseits unterstand das adelige Damenstift, das nur wenige Meter entfernt liegt, bereits Hannoverscher Regentschaft, genauso wie die beiden Pfarreien. Um sich gegen die Invasion der Franzosen zu schützen, ersannen die "heßischen Freudenberger" einen Winkelzug. Deren Amtmann Merkel ließ "Tafeln mit dem heßischen Wappen aufstellen, mit dem Löwen, scherzweise Strebekatze genannt. Darunter stand: Territoire de Heßen Casel.
Und so blieben die heßischen Untertanen zunächst noch unbelästigt, während das Hannoversche Stift auf kurze Zeit von einigen Französischen Husaren besetzt wurde, den ersten, die Barkhausen sah, nicht ohne großes Intereße sah, wie er schreibt. Das Hannoversche Land sei nun bereits durch jeden neuen Gouverneur in gesteigertem Grade ausgesogen worden, notierte er weiter. Den Gouverneur Berthier hatte man daraufhin als das "Bär-Tier" bezeichnet, deßen Nachfolger Mortier schon als "Mord-Tier".
Der Sonderstand des Amtes Freudenberg dauerte indes nicht lange, wie Georg Barkhausen schrieb: "Die Neutralität Heßens im Kriege zwischen Preußen und Frankreich im Jahr 1806 konnte Napoleon nicht täuschen, und jeder Patriot sah voraus, was kommen würde. Die an den Grenzen des Amtes Freudenberg aufgestellten Informationstafeln waren den Franzosen nun das Zeichen, daß sie sich in Feindesland befanden. Und nun begannen Französische Einquartierung, Contributionen und Requisitionen aller Art auch bei uns. Nach dem Frieden von Tilsit wurden wir zum Königreiche Westfalen geschlagen und 1810 zum Département des bouches de Weser mit der Hauptstadt Bremen des koloßalen Französischen Kaiserreichs." Aber er wolle nicht allgemein über die napoleonische Zeit berichten, schreibt Georg Barkhausen, er wolle nur die Einzelheiten notieren, von denen er selbst betroffen war. "Meine Mutter hatte sich vorgenommen, jede Einquartierung, die kommen würde, aufs Beste zu beherbergen und zu bewirten, damit sie ohne männlichen Schutz im Hause keine Unannehmlichkeiten miterleben müßte. Außerdem wollte sie nicht klagen gegenüber den Soldaten und Unteroffizieren, die damals für gewöhnlich bei uns einquartiert wurden."
Allerdings sei den Besatzern nicht alles mundgerecht zu machen gewesen. "So erinnere ich mich, daß in der allerfrühesten Zeit der Durchmärsche unerwartet spät abends im Winter zwei ältere französische Unteroffiziere bei uns einquartiert wurden, denen meine Mutter ein vollständiges Souper vorsetzte. Da aber keine Bouillon so schnell zu beschaffen war, gab es stattdeßen eine Biersuppe vorab. Ich sehe noch diese beiden Menschen hinter ihrem Tisch sitzen und in der Suppe mit ihrem Löffel herumrühren ohne sich entschließen zu können, sie zu probieren. Nach langen Beratungen untereinander wandten sie sich uns mit den Worten zu: "Klare Suppe, klare Suppe!" Sie schoben ihren vollen Teller beiseite. Meine Mutter führte die Ehre ihrer Kochkunst so dadurch beleidigt, daß sie sechs Jahre später während des rußischen Feldzuges noch einmal die Frage aufwarf, ob den Franzosen wohl auch klare Suppe gekocht werden?"
EINST HESSISCH: Das Amt Freudenberg mit der Ortschaft Loge, in der sich eine erste Apotheke entwickelt hatte, und dem Hauptort Bassum. Unter dem neuen Foto: DIE HEUTIGE ANSICHT Loges.