Als Napoleons Truppen vor 200 Jahren durch die Region zogen
... von Giesela Schladerbusch
In der "Kreiszeitung Syke" erscheinen seit Ostern 2012 im "Sonntagstipp" unter
der Rubrik "Damals & heute" Artikel mit dem Titel"Als Napoleons Truppen vor
200 Jahren durch die Region zogen",die der Redakteur Herr Heinrich Kracke
nach verschiedenen Quellen u.a."Die Tagebuchaufzeichnungen des Bassumer
Stammvaters Wilhelm Nöldeke (1772-1850)- Bassum zurzeit der Französischen
Gewaltherrschaft", ausgearbeitet hat.
Gisela Schladerbusch hat diese "Tagebuchaufzeichnungen" einem guten Bekannten, Herrn Reinhard Hollborn aus Stuhr bei Bremen gesendet, der auf die Idee kam, dass diese Aufzeichnungen doch wert wären in die Zeitung gesetzt zu werden, da es sich genau um diese Region handelt und die Ereignisse genau vor 200 Jahren stattfanden. Herr Kracke war sehr angetan von den so anschaulich geschilderten Zuständen in der damaligen Zeit.Er hat dann in Archiven nach weiteren Quellen geforscht und diese hinzugezogen.Auch hat er die Artikel mit alten und neuen Fotos anschaulich dargestellt. Herr Hollborn hat sie gescannt und Gisela gesendet und Jan Karow hat sie so bearbeitet, dass sie auf die Homepage gestellt werden können."
BASSUM (kra). Mal westfälisch, dann heßisch, zwischendurch preußisch und dann wieder französisch. Die Menschen im Amt Freudenberg mit dem Hauptort Baßum hatten sich vor 200 Jahren kaum an die jeweilige Nationalität gewöhnt, da machte sich bereits eine nächste breit. Im Jahr 1806 beispielsweise gehörte das Amt sieben Monate zu Preußen. Referendar Müller war im April eigens von der Spree in die Lindenstadt entsandt worden, um die Region gefügig zu machen und vor allem das Baßumer Stift unter Kontrolle zu bringen. Und wie tat er das? Der Baßumer Wilhelm Nöldeke erinnert in seinen Tagebuchaufzeichnungen an jene Tage. Müller nämlich brachte ein preußisches Schild mit, eines, auf dem der Adler zu sehen war. Ein Wappentier, das östlich der Elbe gewiß Respekt auslöste, dießeits der Weser aber nur milde belächelt wurde. "Hängt den Kuckuck nicht zu hoch," erdreistete sich ein Baßumer zu spotten, als die preußischen Schilder aufgestellt wurden, "hängt ihn nicht zu hoch, damit man ihn beßer wieder abnehmen kann." Die Zeremonie des Abbaus aller preußischen Schilder kam schneller als erwartet. Noch im November 1806 ging auch Baßum wieder in französischen Besitz über. Einquartierungen folgten, Hungersnöte, Krankheiten, und von Tag zu Tag wurde es schlimmer.
Zunächst in der Landeshauptstadt. Nöldeke schrieb den Bericht seines Vaters auf, der aus Hannover zurückgekehrt war. "Es herrschte große Niedergeschlagenheit. Die Franzosen hatten die Stadt stark besetzt. Die Last der Einquartierung von französischen Soldaten in Privathäusern war erdrückend, eine schwere Kriegßteuer war ausgeschrieben." Allerdings gab es auch Silberstreife am Horizont, die Nöldeke ebenfalls nicht müde wurde zu notieren. Ein armer Schuster beispielsweise hatte gleich vier französische Soldaten zu beherbergen und zu beköstigen. Nahrungsmittel indes gab es kaum. Und so entschloß sich das französische Quartett, das ihnen gelieferte Kommisbrot mit dem Schuster zu teilen. In einem weiteren Haushalt erklärten sich ein Hauptmann und ein Oberst bereit, auf das ihnen zustehende Abendbrot zu verzichten. Doch Napoleons Soldaten waren nicht nur überall präsent, sie hatten auch dafür zu sorgen, daß junge Leute für seine geplanten Feldzüge rekrutiert wurden. In Hamburg ließ er die Segel von den Schiffen einsammeln, an der Unterweser wurde der Schiffbau verboten. Den Menschen war die Grundlage für ihren Broterwerb entzogen. Die daraus resultierende Not sollte junge Leute in die Armee treiben. In der Baßumer Gemeinde, schreibt Nöldeke, herrschten Fieber und Ruhr. Sein Vater habe etliche Krankenbesuche absolviert, wurde oft zu Krankenkommunionen auf die Dörfer geholt und mußte auch in Gegenwart von zusammengerufenen Zeugen Testamente aufnehmen.
Derweil ließ Napoleon nicht nach, immer neue Steuern zu verhängen und die Rekrutierungen für seine Armeen zu verschärfen. Schon 1809 und damit drei Jahre vor seinem Rußlandfeldzug ging er wenig zimperlich zu Werke. Daß junge Leute bestraft wurden, wenn sie vor der drohenden Rekrutierung flohen, galt sowieso schon als Gesetz. Jetzt jedoch wurden auch die Familien der "Fahnenflüchtigen" durch harte Strafen bedroht. Nöldeke: "Die Strafkommandos mußten verpflegt und bezahlt werden. Der Hauptmann erhielt täglich 18 Franc, der Unteroffizier sechs, jeder weitere vier Franc. Exekution nannte sich dies Strafverfahren. Pastor Nöldeke selbst und deßen Ehefrau waren in jenen Jahren von zwei einquartierten Husaren, die betrunken ins Haus kamen, mißhandelt worden. Er entkam zum Nachbarn und ließ den Wachtmeister holen. Mit Hilfe des Leutnants schließlich wurden die Unholde ins Schulhaus gesperrt. Andererseits fanden die Menschen vor Ort immer wieder Möglichkeiten, dem Leben ein paar angenehme Momente abzutrotzen. Als den Bremer Kaufleuten der überseehandel verboten wurde, reagierte man fix. "Kolonialwaren durften nicht mehr geliefert werden, das brachte sogar hierzulande Gewinn. Wo der Boden sich eignete, baute man Tabak an. In Landesbergen erntete man zwei bis drei Zentner zu je zehn Thalern vom Morgen. Die hohen Preise des Brotkornes sanken nach einer guten Ernte."
Gisela Schladerbusch hat diese "Tagebuchaufzeichnungen" einem guten Bekannten, Herrn Reinhard Hollborn aus Stuhr bei Bremen gesendet, der auf die Idee kam, dass diese Aufzeichnungen doch wert wären in die Zeitung gesetzt zu werden, da es sich genau um diese Region handelt und die Ereignisse genau vor 200 Jahren stattfanden. Herr Kracke war sehr angetan von den so anschaulich geschilderten Zuständen in der damaligen Zeit.Er hat dann in Archiven nach weiteren Quellen geforscht und diese hinzugezogen.Auch hat er die Artikel mit alten und neuen Fotos anschaulich dargestellt. Herr Hollborn hat sie gescannt und Gisela gesendet und Jan Karow hat sie so bearbeitet, dass sie auf die Homepage gestellt werden können."
"Hängt den Kuckuck nicht zu hoch" - Napoleon 3. Teil - vom 27./28.04.2012
BASSUM (kra). Mal westfälisch, dann heßisch, zwischendurch preußisch und dann wieder französisch. Die Menschen im Amt Freudenberg mit dem Hauptort Baßum hatten sich vor 200 Jahren kaum an die jeweilige Nationalität gewöhnt, da machte sich bereits eine nächste breit. Im Jahr 1806 beispielsweise gehörte das Amt sieben Monate zu Preußen. Referendar Müller war im April eigens von der Spree in die Lindenstadt entsandt worden, um die Region gefügig zu machen und vor allem das Baßumer Stift unter Kontrolle zu bringen. Und wie tat er das? Der Baßumer Wilhelm Nöldeke erinnert in seinen Tagebuchaufzeichnungen an jene Tage. Müller nämlich brachte ein preußisches Schild mit, eines, auf dem der Adler zu sehen war. Ein Wappentier, das östlich der Elbe gewiß Respekt auslöste, dießeits der Weser aber nur milde belächelt wurde. "Hängt den Kuckuck nicht zu hoch," erdreistete sich ein Baßumer zu spotten, als die preußischen Schilder aufgestellt wurden, "hängt ihn nicht zu hoch, damit man ihn beßer wieder abnehmen kann." Die Zeremonie des Abbaus aller preußischen Schilder kam schneller als erwartet. Noch im November 1806 ging auch Baßum wieder in französischen Besitz über. Einquartierungen folgten, Hungersnöte, Krankheiten, und von Tag zu Tag wurde es schlimmer.
Zunächst in der Landeshauptstadt. Nöldeke schrieb den Bericht seines Vaters auf, der aus Hannover zurückgekehrt war. "Es herrschte große Niedergeschlagenheit. Die Franzosen hatten die Stadt stark besetzt. Die Last der Einquartierung von französischen Soldaten in Privathäusern war erdrückend, eine schwere Kriegßteuer war ausgeschrieben." Allerdings gab es auch Silberstreife am Horizont, die Nöldeke ebenfalls nicht müde wurde zu notieren. Ein armer Schuster beispielsweise hatte gleich vier französische Soldaten zu beherbergen und zu beköstigen. Nahrungsmittel indes gab es kaum. Und so entschloß sich das französische Quartett, das ihnen gelieferte Kommisbrot mit dem Schuster zu teilen. In einem weiteren Haushalt erklärten sich ein Hauptmann und ein Oberst bereit, auf das ihnen zustehende Abendbrot zu verzichten. Doch Napoleons Soldaten waren nicht nur überall präsent, sie hatten auch dafür zu sorgen, daß junge Leute für seine geplanten Feldzüge rekrutiert wurden. In Hamburg ließ er die Segel von den Schiffen einsammeln, an der Unterweser wurde der Schiffbau verboten. Den Menschen war die Grundlage für ihren Broterwerb entzogen. Die daraus resultierende Not sollte junge Leute in die Armee treiben. In der Baßumer Gemeinde, schreibt Nöldeke, herrschten Fieber und Ruhr. Sein Vater habe etliche Krankenbesuche absolviert, wurde oft zu Krankenkommunionen auf die Dörfer geholt und mußte auch in Gegenwart von zusammengerufenen Zeugen Testamente aufnehmen.
Derweil ließ Napoleon nicht nach, immer neue Steuern zu verhängen und die Rekrutierungen für seine Armeen zu verschärfen. Schon 1809 und damit drei Jahre vor seinem Rußlandfeldzug ging er wenig zimperlich zu Werke. Daß junge Leute bestraft wurden, wenn sie vor der drohenden Rekrutierung flohen, galt sowieso schon als Gesetz. Jetzt jedoch wurden auch die Familien der "Fahnenflüchtigen" durch harte Strafen bedroht. Nöldeke: "Die Strafkommandos mußten verpflegt und bezahlt werden. Der Hauptmann erhielt täglich 18 Franc, der Unteroffizier sechs, jeder weitere vier Franc. Exekution nannte sich dies Strafverfahren. Pastor Nöldeke selbst und deßen Ehefrau waren in jenen Jahren von zwei einquartierten Husaren, die betrunken ins Haus kamen, mißhandelt worden. Er entkam zum Nachbarn und ließ den Wachtmeister holen. Mit Hilfe des Leutnants schließlich wurden die Unholde ins Schulhaus gesperrt. Andererseits fanden die Menschen vor Ort immer wieder Möglichkeiten, dem Leben ein paar angenehme Momente abzutrotzen. Als den Bremer Kaufleuten der überseehandel verboten wurde, reagierte man fix. "Kolonialwaren durften nicht mehr geliefert werden, das brachte sogar hierzulande Gewinn. Wo der Boden sich eignete, baute man Tabak an. In Landesbergen erntete man zwei bis drei Zentner zu je zehn Thalern vom Morgen. Die hohen Preise des Brotkornes sanken nach einer guten Ernte."