Als Napoleons Truppen vor 200 Jahren durch die Region zogen

... von Giesela Schladerbusch

In der "Kreiszeitung Syke" erscheinen seit Ostern 2012 im "Sonntagstipp" unter der Rubrik "Damals & heute" Artikel mit dem Titel"Als Napoleons Truppen vor 200 Jahren durch die Region zogen",die der Redakteur Herr Heinrich Kracke nach verschiedenen Quellen u.a."Die Tagebuchaufzeichnungen des Bassumer Stammvaters Wilhelm Nöldeke (1772-1850)- Bassum zurzeit der Französischen Gewaltherrschaft", ausgearbeitet hat.

Gisela Schladerbusch hat diese "Tagebuchaufzeichnungen" einem guten Bekannten, Herrn Reinhard Hollborn aus Stuhr bei Bremen gesendet, der auf die Idee kam, dass diese Aufzeichnungen doch wert wären in die Zeitung gesetzt zu werden, da es sich genau um diese Region handelt und die Ereignisse genau vor 200 Jahren stattfanden. Herr Kracke war sehr angetan von den so anschaulich geschilderten Zuständen in der damaligen Zeit.Er hat dann in Archiven nach weiteren Quellen geforscht und diese hinzugezogen.Auch hat er die Artikel mit alten und neuen Fotos anschaulich dargestellt. Herr Hollborn hat sie gescannt und Gisela gesendet und Jan Karow hat sie so bearbeitet, dass sie auf die Homepage gestellt werden können."

Feuersbrunst quer durch Bassum - Napoleon 9. Teil - vom 09./10.06.2012

BASSUM (kra). Als genüge es nicht, unter fremder Regentschaft zu stehen, unter französischer, und die Armeen auch noch mit ausreichend Soldaten auffüllen zu müssen, ereilte die Region ein nächster Schicksalsschlag. Es war ein knochentrockener Spätsommer in jenem Jahr 1810, als alles geschah. Ein ganzer Ort in Flammen. Rund 30 Familien betraf die Feuerbrunst, die über Bassum hinwegfegte, und auch das Domizil der Familie Barkhausen war betroffen.

In den Jahren zuvor ist es immer mal wieder zu einzelnen Bränden gekommen, notierte Georg Barkhausen in seinen Erinnerungen. "Über deren Entstehung wurde nichts bekannt, aber öfters hörte man den Verdacht, dass die Eigentümer ihr Haus selbst angezündet hätten, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Die allgemeine Wohltätigkeit vermochte den Verlust, solange er nur einzelne Familien betraf, gewöhnlich mehr als nur zu ersetzen." Wohlgemerkt: Ein Verdacht.

Was jedoch passieren würde, wenn die Flammen nicht mehr zu löschen waren, beobachtete Pastorensohn Georg Barkhausen zunächst außerhalb Bassums. Es trieb ihm den kalten Schauer über den Rücken. "In unserer Nachbarschaft sahen wir fast den ganzen Flecken Syke eingeäschert werden. Ich selbst war einem Hügel vor dem unglücklichen Ort Augenzeuge davon, mit welcher Schnelligkeit die Flammen von einem Haus auf das andere übergriffen."

Und dann jener Schicksalstag im Frühherbst in Bassum. "Es war gegen elf Uhr, als auf einmal wieder die Sturmglocke und der Ruf "Feuer, Feuer" durch Mark und Bein ging. Nüstädts Stall brannte, das hatte sich schnell herumgesprochen." Für das Haus Barkhausens, das weit entfernt lag, drohte keine Gefahr, glaubte man. Wohl aber für das andere Pfarrgebäude in Bassum, für die Pfarre im Osten, in der die Familie Nöldeke lebte. Dies Gebäude lag nur durch eine breite Straße getrennt vom Brandherd. Mutter Barkhausen machte sich also auf, der Familie Nöldeke zu helfen und notfalls dazu beizutragen, deren Habe zu retten.

Georg Barkhausen blieb derweil daheim. Ein bisschen Sorgen machte er sich schon, wie er später notierte: "Es weht ein heftiger Wind, und es hat viele Wochen nicht oder nur kaum geregnet. Alles war dürr, und vor allem die Strohdächer, von denen es noch viele im Ort gab, sie sind völlig ausgetrocknet."

Die Tragödie bahnte sich schneller an als erwartet. "So kam es, dass gleich zu Anfang ein kleiner, vom starken Winde durch die Luft getragener Feuerbrand auf das Strohdach unseres Vorderhauses fiel und sofort zündete. Glücklicherweise bemerkte ich es sofort, und noch glücklicher, dass gerade der Amtmann Merkel mit einer ganzen Mannschaft an unserem Haus vorbeieilte. Durch seine Hilfe wurde der kleine Brand rasch gelöscht." Der junge Barkhausen, damals gerade mal zwölf Jahre alt, holte schnell seine Mutter.

"Kaum waren wir wieder zu Hause, stand unser Dach erneut in Hellen Flammen. Diesmal war das Feuer nicht wieder zu löschen." Mit nachbarschaftlicher Hilfe habe man nur noch die Habe aus dem Gebäude retten können, längst nicht alles, aber einiges. "Außer Betten und Silbergeschirr, das meine Mutter aus dem Haus rettete, und einige Kleinigkeiten, ging alles verloren." So verbrannte das ganze wertvolle Mobiliar mit Schränken, Tischen und Bettstellen aus "klüftigem" Eichenholz, braun gebeizt, das noch über Jahrhunderte hätte dienen können. Georg Barkhausen selbst hatte auf dem Weg aus dem brennenden Haus gerade noch nach seiner Schmetterlings-Sammlung greifen können. "Da stand nun meine arme Mutter tränenden Auges neben mir an dem kalten und nur durch die Glut erwärmten Oktobertag unter Gottes freiem Himmel, und wir wussten noch nicht, wo wir unser Haupt an diesem Abend niederlegen würden."

Nun, Mutter und Sohn Barkhausen kamen beim Amtmann Merkel unter, der das Amtshaus bewohnte. Es lag ein wenig abseits des Ortes und blieb von den Flammen verschont. Bliebe noch zu erwähnen, wie es den Tieren erging, die ihm sehr am Herzen lagen. "Unsere Kuh war glücklicherweise zur Zeit des Unglücks auf dem Bruche. Sie wurde in Sicherheit gebracht. Von unserem Geflügel tauchte nie eine Spur wieder auf. Ob es verbrannt oder in anderer Leute Töpfe gewandert ist, weiß ich nicht. Mein Hund, mein langjähriger Freund und steter Begleiter, war bei mir. Aber ein teurer Haupt fehlte spurlos. Und das war mein wie ein Hund anhänglicher kohlschwarzer Kater. War er verbrannt? Oder war er nur versprengt?"

Zunächst hatte Barkhausen vermutet, das Tier wäre in den Flammen umgekommen, dies umso mehr, als in der Nachbarschaft beim Aufräumen der Trümmer sogar zwei Katzen mit verkohlten Ohren und Pfoten hervorkamen. Aber die Hoffnung aufgegeben hatte er nicht. "Jeden Tag sind meine Mutter und ich zu dem noch immer rauchenden Schuttberg unseres Hauses gewandert und haben nach dem Kater gerufen." Und dann am sechsten oder siebten Abend die Erlösung. "Auf unserem Rückweg durch die herrschaftliche Wiese hörten wir ihn ganz leise hinter uns miauen."



Unterschrift unter dem großen Foto: BEIM AUSBRUCH der Feuersbrunst vor 200 Jahren drohte vor allem der Pfarre im Osten (Bild) Gefahr. Hier wohnte die Familie Nöldeke. Das Gebäude gleich gegenüber des Brandherdes kam jedoch unbeschadet davon.

Kleines Foto: DIE MEHR ALS 200 Jahre alte Pfarre im Osten aus heutiger Sicht.

Diese Webseite verwendet Cookies. Hier erfahrt ihr alles zum Datenschutz